Germania Brauerei
F. Dieninghoff GmbH / 48159 Münster, Grevener Str. 91, geschlossen 1984
Der aus
einer alten Brauerfamilie in Ascheberg stammende Friedrich
Dieninghoff kauft die Dombäckerei am Spiekerhof in Münster. Wie
in dieser Zeit üblich, ist die Bäckerei mit einer kleinen
Brauerei verbunden, die bereits seit 1247 das Braurecht besitzt.
Dieninghoff
baut die heruntergekommene Brauerei wieder auf und erweitert
sie. Er stellt bis zu 5 000 hl Bier jährlich her und verkauft
dies größtenteils im eigenen Ausschank.
Aufgrund der
ständig steigenden Produktion beschließt Dieninghoff, eine neue,
große Brauerei zu errichten. An der Grevener Straße finden sich
auf den Ausläufern des im Stadtgebiet Münsters verlaufenden
Kiessandrückens die für die Brauerei notwendigen guten
Wasserverhältnisse. Zudem kann das Unternehmen den Anschluss der
benachbarten Kaserne an die Reichsbahn zum Transport der
notwendigen Rohstoffe und zum Export des Bieres nutzen.
Mit der Standortverlagerung erhält die Brauerei einen neuen
Namen: Germania Brauerei F. Dieninghoff, das dort gebraute Bier
trägt den Namen »Germania Bier«. Innerhalb von zehn Jahren
erlangt die Brauerei überregionale Bekanntheit.
Bieretikett um 1900.
Obwohl das
Unternehmen gezwungen ist, aufgrund der starken Konkurrenz der
Dortmunder Brauereien die Produktion auf untergäriges Bier
umzustellen, erreicht sie eine Jahresproduktion von 20 000 hl.
Trotz des
Ersten Weltkrieges werden die Produktionsstätten in Münster
vergrößert. Dieninghoff übernimmt eine Reihe von Brauereien des
Münsterlandes und der südlichen Provinz Hannover. Der einzige
Sohn Friedrich Dieninghoffs, Ferdinand, der bereits in der
Firmenleitung tätig war, fällt im Krieg.
Die Brauerei
kann ihren Ausstoß auf 30 000 hl steigern. Durch den Ankauf von
Brauereien in Greven, Melle und Hilter und einigen kleineren
Brauereien im westfälischen Raum kann der Vertrieb
kontinuierlich ausgedehnt werden.
Eine
Futtermittelfabrik wird gegründet, die Kraftfutter für Pferde,
Rinder, Schweine und Geflügel herstellt. Besonders das
Geflügelfutter »Germa« erweist sich als erfolgreich, in
Westfalen gehören mehr als zwei Drittel der anerkannten
Geflügelbetriebe zu den festen Kunden.
Relikt aus den florierenden Jahren - Karte gestempelt 1927.
1 Januar:
Das Unternehmen wird umgewandelt in die Germania Brauerei F.
Dieninghoff AG; die bereits seit einigen Jahren im Betrieb
tätigen Schwiegersöhne Dieninghoffs, Dr. Alfred Hallermann
und Arnold Holtmann, werden zu den geschäftsführenden Direktoren
bestellt.
Der Jahresausstoß überschreitet in diesem Jahr die 100 000
hl-Grenze. Der Betrieb wird damit zur größten Brauerei seines
Hauptabsatzgebietes, des Münsterlands und der angrenzenden
Gebiete der Provinz Hannover und des Oldenburger Lands. Daneben
betreibt und beliefert die Brauerei zahlreiche Lokale in
Münster, u.a. ist sie am Bau des Ratskellers im münsterischen
Rathaus beteiligt. Die Produktionspalette umfasst unter- und
obergärige Biere, Export-, Pilsener-, Hell-, Bock-, Malz- und
Altbier. Zudem wird der Brauerei eine Abteilung für
nichtalkoholische Getränke angegliedert.
Das Werksgelände der Brauerei Germania an der Grevener Straße,
um 1930.
Im Zweiten
Weltkrieg bleibt die Brauerei von Bombentreffern verschont,
verliert aber fast alle Absatzstätten. Dennoch wird ihr Erfolg
nur kurz unterbrochen: Die Produktion wird bald wieder
aufgenommen, da die britischen Besatzungstruppen nicht auf Bier
verzichten wollen. Betrieb und Vertrieb werden in den
Folgejahren ständig erweitert, der Ausstoß, der auf 50 000 hl
gefallen war, wird wieder gesteigert.
In die
Geschäftsleitung treten als weitere Mitglieder die Herren Rhode
und Dr. Wolters ein und übernehmen insbesondere den auswärtigen
Vertrieb.
In den
»Wirtschaftswunderjahren« wird das Absatzgebiet der mittlerweile
650 Mitarbeiter beschäftigenden Brauerei auf ganz Nord- und
Westdeutschland ausgeweitet. Von Schleswig-Holstein bis zum
Mittelrhein und vom Harz bis zur holländischer Grenze werden in
einem dichten Netz von über 400 Niederlassungen und Bierverlagen
die Produkte der Germania-Brauerei verkauft. Der jährlich
Ausstoß liegt bei 500 000 hl. Der Wiederaufbau vieler
Gaststätten Münsters wird von der Germania Brauerei finanziell
mitgetragen. Die Brauereianlagen werden erheblich erweitert und
modernisiert.
Nach dem Tod
Adolf Hallermanns übernimmt Arnold Holtmann allein die
Gesamtleitung des Unternehmens.
Bieretikett aus
den 50er Jahren.
Mit einem
Jahresausstoß von 600 000 hl gehört der Betrieb zu den großen
Brauereien des Bundesgebietes.
Frühjahr:
Die Brauerei wird weiter ausgebaut, um
Rationalisierungsmaßnahmen zu ermöglichen.
Die Germania Brauerei fusioniert mit der Dortmunder
Union-Brauerei. Zweck der Fusion sind wirtschaftliche Vorteile
und gegenseitige Ergänzungen der beiden Unternehmen. In der
Gesellschaftsform der GmbH wird das münsterische Unternehmen als
Betriebsstätte der Dortmunder Brauerei weitergeführt. Arnold
Holtmann wird erster Geschäftsführer der GmbH.
Das Geschäft entwickelt sich weiterhin erfolgreich, der Ausstoß
steigt bis 1972
auf 632 000 hl.
Umsatz- und
Fertigungsverlagerungen auf die Dortmunder Union-Brauerei
bewirken Umsatzverluste bei der Germania Brauerei. Einige
Betriebszweige des münsterischen Unternehmens werden von der
Muttergesellschaft übernommen. Durch eine gezielte
Personalpolitik wird die Mitarbeiterschaft der Gemania Brauerei
von 800 auf 450 reduziert, im technischen Betrieb werden
Modernisierungen vorgenommen.
Holtmann
scheidet 83-jährig aus dem Unternehmen aus. Geschäftsführer der
GmbH sind nun Egbert Preußner und Manfred Müller.
Nachdem
zwischen 1975 und 1978 bereits einige Umbauten und
Vergrößerungen der Betriebsstätten vorgenommen worden sind,
folgt nun eine neue Fassabfüllanlage. Auch in den Folgejahren
werden technische Verbesserungen und Modernisierungen
durchgeführt.
Die
Konzernleitung beschließt, im münsterischen Unternehmensteil die
Bereiche Produktion und Abfüllung zu schließen. Zahlreiche
Mitarbeiter werden entlassen.
Zwischenzeitlich beherbergten die unter Denkmalschutz stehenden
Brauereigebäude das Erlebnisbad "Germania-Therme". Diese meldete
jedoch schon nach wenigen Jahren Insolvenz an. Heute ist "Nightlife"
angesagt: Der Szenetempel "ExbAD" bietet Unterhaltung auf 5
Ebenen.
2003: Die
Brauereigebäude von einst stehen noch.
Der
Gründer der Brauerei Germania, Friedrich Dieninghoff, stammte
aus einer alten, in Ascheberg ansässigen Brauerfamilie. Nachdem
er im Familienbetrieb das Brauhandwerk erlernt hatte, besuchte
er die berühmte bayerische Brauakademie Weihenstephan und legte
dort das Braumeister-Diplom ab. 1890 kaufte er die circa 500
Jahre alte, mit einer kleinen Brauerei verbundene Herrenbäckerei
in Münster. In den folgenden Jahren baute er die
heruntergekommene Brauerei wieder auf und steigerte langsam
ihren Ausstoß. Als die Kapazitäten der mitten in der Innenstadt
Münsters gelegenen Brauerei erschöpft waren, begann Friedrich
Dieninghoff 1898 mit dem Bau einer modernen Brauerei auf dem
Grundstück einer alten Sandgrube an der Grevener Straße. Unter
dem Namen Germania Brauerei F. Dieninghoff erlangte das
Unternehmen innerhalb von zehn Jahren überregionale Bekanntheit
und entwickelte sich allmählich zu einem der größten
Brauereibetriebe des Münsterlandes. Trotz der Folgen des Ersten
Weltkriegs erweiterte sich das Absatzgebiet ständig, in Münster
übernahm Dieninghoff zahlreiche kleinere Brauereien und
Gaststätten. 1921 gliederte er dem Betrieb zudem eine
Futtermittelfabrik an. Da der einzige Sohn Friedrich
Dieninghoffs, Ferdinand, im Ersten Weltrkieg gefallen war,
traten in den 1920er Jahren die Schwiegersöhne Dieninghoffs,
Arnold Holtmann und Adolf Hallermann, in die Firma ein und
übernahmen leitende Funktionen. Gemeinsam mit ihnen wandelte
Friedrich Dieninghoff das Unternehmen 1928 in eine
Aktiengesellschaft um, nach seinem Tod nahmen die Schwiegersöhne
die Positionen der Direktoren ein.