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Germania Brauerei F. Dieninghoff GmbH / 48159 Münster, Grevener Str. 91, geschlossen 1984

1890
Der aus einer alten Brauerfamilie in Ascheberg stammende Friedrich Dieninghoff kauft die Dombäckerei am Spiekerhof in Münster. Wie in dieser Zeit üblich, ist die Bäckerei mit einer kleinen Brauerei verbunden, die bereits seit 1247 das Braurecht besitzt.
Dieninghoff baut die heruntergekommene Brauerei wieder auf und erweitert sie. Er stellt bis zu 5 000 hl Bier jährlich her und verkauft dies größtenteils im eigenen Ausschank.

1898/1899
Aufgrund der ständig steigenden Produktion beschließt Dieninghoff, eine neue, große Brauerei zu errichten. An der Grevener Straße finden sich auf den Ausläufern des im Stadtgebiet Münsters verlaufenden Kiessandrückens die für die Brauerei notwendigen guten Wasserverhältnisse. Zudem kann das Unternehmen den Anschluss der benachbarten Kaserne an die Reichsbahn zum Transport der notwendigen Rohstoffe und zum Export des Bieres nutzen.
Mit der Standortverlagerung erhält die Brauerei einen neuen Namen: Germania Brauerei F. Dieninghoff, das dort gebraute Bier trägt den Namen »Germania Bier«. Innerhalb von zehn Jahren erlangt die Brauerei überregionale Bekanntheit.
 

Bieretikett um 1900.


1900
Obwohl das Unternehmen gezwungen ist, aufgrund der starken Konkurrenz der Dortmunder Brauereien die Produktion auf untergäriges Bier umzustellen, erreicht sie eine Jahresproduktion von 20 000 hl.

1914–1918
Trotz des Ersten Weltkrieges werden die Produktionsstätten in Münster vergrößert. Dieninghoff übernimmt eine Reihe von Brauereien des Münsterlandes und der südlichen Provinz Hannover. Der einzige Sohn Friedrich Dieninghoffs, Ferdinand, der bereits in der Firmenleitung tätig war, fällt im Krieg.

1920
Die Brauerei kann ihren Ausstoß auf 30 000 hl steigern. Durch den Ankauf von Brauereien in Greven, Melle und Hilter und einigen kleineren Brauereien im westfälischen Raum kann der Vertrieb kontinuierlich ausgedehnt werden.

1921
Eine Futtermittelfabrik wird gegründet, die Kraftfutter für Pferde, Rinder, Schweine und Geflügel herstellt. Besonders das Geflügelfutter »Germa« erweist sich als erfolgreich, in Westfalen gehören mehr als zwei Drittel der anerkannten Geflügelbetriebe zu den festen Kunden.
 

Relikt aus den florierenden Jahren - Karte gestempelt 1927.

1928
1 Januar: Das Unternehmen wird umgewandelt in die Germania Brauerei F. Dieninghoff AG; die bereits seit einigen Jahren im Betrieb tätigen Schwiegersöhne Dieninghoffs, Dr. Alfred Hallermann und Arnold Holtmann, werden zu den geschäftsführenden Direktoren bestellt.
Der Jahresausstoß überschreitet in diesem Jahr die 100 000 hl-Grenze. Der Betrieb wird damit zur größten Brauerei seines Hauptabsatzgebietes, des Münsterlands und der angrenzenden Gebiete der Provinz Hannover und des Oldenburger Lands. Daneben betreibt und beliefert die Brauerei zahlreiche Lokale in Münster, u.a. ist sie am Bau des Ratskellers im münsterischen Rathaus beteiligt. Die Produktionspalette umfasst unter- und obergärige Biere, Export-, Pilsener-, Hell-, Bock-, Malz- und Altbier. Zudem wird der Brauerei eine Abteilung für nichtalkoholische Getränke angegliedert.


Das Werksgelände der Brauerei Germania an der Grevener Straße, um 1930.


1939–1945
Im Zweiten Weltkrieg bleibt die Brauerei von Bombentreffern verschont, verliert aber fast alle Absatzstätten. Dennoch wird ihr Erfolg nur kurz unterbrochen: Die Produktion wird bald wieder aufgenommen, da die britischen Besatzungstruppen nicht auf Bier verzichten wollen. Betrieb und Vertrieb werden in den Folgejahren ständig erweitert, der Ausstoß, der auf 50 000 hl gefallen war, wird wieder gesteigert.

1949
In die Geschäftsleitung treten als weitere Mitglieder die Herren Rhode und Dr. Wolters ein und übernehmen insbesondere den auswärtigen Vertrieb.

1950er Jahre
In den »Wirtschaftswunderjahren« wird das Absatzgebiet der mittlerweile 650 Mitarbeiter beschäftigenden Brauerei auf ganz Nord- und Westdeutschland ausgeweitet. Von Schleswig-Holstein bis zum Mittelrhein und vom Harz bis zur holländischer Grenze werden in einem dichten Netz von über 400 Niederlassungen und Bierverlagen die Produkte der Germania-Brauerei verkauft. Der jährlich Ausstoß liegt bei 500 000 hl. Der Wiederaufbau vieler Gaststätten Münsters wird von der Germania Brauerei finanziell mitgetragen. Die Brauereianlagen werden erheblich erweitert und modernisiert.

1951
Nach dem Tod Adolf Hallermanns übernimmt Arnold Holtmann allein die Gesamtleitung des Unternehmens.
 

Bieretikett aus den 50er Jahren.

um 1960
Mit einem Jahresausstoß von 600 000 hl gehört der Betrieb zu den großen Brauereien des Bundesgebietes.

1963
Frühjahr: Die Brauerei wird weiter ausgebaut, um Rationalisierungsmaßnahmen zu ermöglichen.
Die Germania Brauerei fusioniert mit der Dortmunder Union-Brauerei. Zweck der Fusion sind wirtschaftliche Vorteile und gegenseitige Ergänzungen der beiden Unternehmen. In der Gesellschaftsform der GmbH wird das münsterische Unternehmen als Betriebsstätte der Dortmunder Brauerei weitergeführt. Arnold Holtmann wird erster Geschäftsführer der GmbH.
Das Geschäft entwickelt sich weiterhin erfolgreich, der Ausstoß steigt bis 1972 auf 632 000 hl.

1970er Jahre
Umsatz- und Fertigungsverlagerungen auf die Dortmunder Union-Brauerei bewirken Umsatzverluste bei der Germania Brauerei. Einige Betriebszweige des münsterischen Unternehmens werden von der Muttergesellschaft übernommen. Durch eine gezielte Personalpolitik wird die Mitarbeiterschaft der Gemania Brauerei von 800 auf 450 reduziert, im technischen Betrieb werden Modernisierungen vorgenommen.

1971
Holtmann scheidet 83-jährig aus dem Unternehmen aus. Geschäftsführer der GmbH sind nun Egbert Preußner und Manfred Müller.

1979
Nachdem zwischen 1975 und 1978 bereits einige Umbauten und Vergrößerungen der Betriebsstätten vorgenommen worden sind, folgt nun eine neue Fassabfüllanlage. Auch in den Folgejahren werden technische Verbesserungen und Modernisierungen durchgeführt.

1984
Die Konzernleitung beschließt, im münsterischen Unternehmensteil die Bereiche Produktion und Abfüllung zu schließen. Zahlreiche Mitarbeiter werden entlassen.

Zwischenzeitlich beherbergten die unter Denkmalschutz stehenden Brauereigebäude das Erlebnisbad "Germania-Therme". Diese meldete jedoch schon nach wenigen Jahren Insolvenz an. Heute ist "Nightlife" angesagt: Der Szenetempel "ExbAD" bietet Unterhaltung auf 5 Ebenen.

 
2003: Die Brauereigebäude von einst stehen noch.

Firmengründer Friedrich Dieninghoff:

Der Gründer der Brauerei Germania, Friedrich Dieninghoff, stammte aus einer alten, in Ascheberg ansässigen Brauerfamilie. Nachdem er im Familienbetrieb das Brauhandwerk erlernt hatte, besuchte er die berühmte bayerische Brauakademie Weihenstephan und legte dort das Braumeister-Diplom ab. 1890 kaufte er die circa 500 Jahre alte, mit einer kleinen Brauerei verbundene Herrenbäckerei in Münster. In den folgenden Jahren baute er die heruntergekommene Brauerei wieder auf und steigerte langsam ihren Ausstoß. Als die Kapazitäten der mitten in der Innenstadt Münsters gelegenen Brauerei erschöpft waren, begann Friedrich Dieninghoff 1898 mit dem Bau einer modernen Brauerei auf dem Grundstück einer alten Sandgrube an der Grevener Straße. Unter dem Namen Germania Brauerei F. Dieninghoff erlangte das Unternehmen innerhalb von zehn Jahren überregionale Bekanntheit und entwickelte sich allmählich zu einem der größten Brauereibetriebe des Münsterlandes. Trotz der Folgen des Ersten Weltkriegs erweiterte sich das Absatzgebiet ständig, in Münster übernahm Dieninghoff zahlreiche kleinere Brauereien und Gaststätten. 1921 gliederte er dem Betrieb zudem eine Futtermittelfabrik an. Da der einzige Sohn Friedrich Dieninghoffs, Ferdinand, im Ersten Weltrkieg gefallen war, traten in den 1920er Jahren die Schwiegersöhne Dieninghoffs, Arnold Holtmann und Adolf Hallermann, in die Firma ein und übernahmen leitende Funktionen. Gemeinsam mit ihnen wandelte Friedrich Dieninghoff das Unternehmen 1928 in eine Aktiengesellschaft um, nach seinem Tod nahmen die Schwiegersöhne die Positionen der Direktoren ein.